Abschiede sind Tore in neue Welten (Albert Einstein)

 

Auswandern in die Schweiz – ein Traum von Vielen.

Die Schweiz ist nicht nur ein Land mit einem der höchsten Lebensstandards. Sondern auch ein Land mit einer niedrigeren Steuerbelastung als Deutschland. Eine Wohnsitzverlegung ist mit vielschichtigen Fragen verbunden, z.B. in den Bereichen Steuer-, Nachlass- und Ehegüterplanung.

 

Dieser Kurzbeitrag widmet sich den grundsätzlichen Fragen rund um das Ende der unbeschränkten deutschen Steuerpflicht und den Spezialitäten bei der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland – Schweiz.

 

Kann in jedem Fall von der niedrigen Steuerbelastung in der Schweiz profitiert werden?

Es kommt auf die einzelne Fallgestaltung an… Der Anknüpfungspunkt an die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht ist der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt.

 

Um in den Genuss der niedrigeren Schweizer Steuerbelastung zu kommen, muss also der Wegzug aus Deutschland tatsächlich vollzogen und wegen möglicher Rückfragen gut dokumentiert werden (Kündigung Wohnungsmietvertrag/Fremdvermietung eigener Immobilie, Kündigung Tageszeitung & Vereinsmitgliedschaften, Postnachsendung, Durchführung des Umzugs durch Umzugsunternehmen). Spiegelbildlich sollte der Zuzug in die Schweiz gleichfalls mit Unterlagen belegt sein.

 

Die Verlegung des Lebensmittelpunkt von Deutschland in die Schweiz ist nicht ausreichend. Zwar ist der Lebensmittelpunkt für die Zuweisung des Besteuerungsrechts (Deutschland oder Schweiz) entscheidend. Aber Deutschland hat eine überdachendes Besteuerungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 4 DBA Deutschland – Schweiz. Aufgrund des (Zweit-) Wohnsitzes behandelt Deutschland den Wegzügler als unbeschränkt Steuerpflichtigen. Dies bedeutet somit, dass man keine Schlüsselgewalt mehr über eine Immobilie - es kann auch ein Jagdhaus, Zweitwohnung, möbliertes Zimmer sein – in Deutschland haben darf. Fremdvermietete Immobilien dürfen aber weiterhin in Deutschland im Besitz sein.

 

Aber auch ohne Wohnsitz kann die unbeschränkte Steuerpflicht greifen. Bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als 6 Monate wird der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland unterstellt. Kurzfristige Unterbrechungen werden nicht berücksichtigt.

 

Besteuerungsrecht Deutschland auch ohne Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland?

Aber selbst, wenn kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt mehr in Deutschland ist, so endet die Besteuerung nicht.

 

Einkünfte, die in Deutschland bezogen werden, unterliegen der beschränkten evtl. auch der erweitert beschränkten Steuerpflicht. Hierzu zählen z.B. Einkünfte aus der Vermietung deutscher Immobilien, Lohneinkünfte eines deutschen Arbeitgebers, deutsche Renteneinkünfte oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit deutscher Betriebsstätte bzw. selbständiger Arbeit, die in Deutschland ausgeübt bzw. verwertet wird. 

 

Die Tabelle gibt einen ersten Überblick:  

 

Wegzug in die Schweiz: aus deutscher Steueroptik nachteilhaft?

Bei einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann die sog. Wegzugsbesteuerung greifen. Grundsätzlich steht das neue Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 3 DBA Deutschland Schweiz dem (neuen) Ansässigkeitsstaat zu.

 

Was ist wesentlich? Eine wesentliche Beteiligung würde bei wörtlicher Auslegung nur vorliegen, wenn mehr als 50 % oder zumindest mehr als 25 % der Anteile im Besitz des Wegzüglers sind. Der Gesetzgeber ist aber der Auffassung, dass eine wesentliche Beteiligung bereits bei 1 % vorliegt. Die Voraussetzungen für die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG werden durch das ATAD-Umsetzungsgesetz zum 1. Januar 2022 verschärft.

 

Was bedeutet die Wegzugsbesteuerung? Vereinfacht gesagt: Der Grenzübertritt wird mit einer Veräußerung gleichgestellt, es ist 60 % der Differenz zwischen Anschaffungskosten und dem gemeinen Wert der Kapitalgesellschaft zu versteuern. Da es sich nur um eine Verkaufsfiktion ohne Liquiditätszufluss handelt, kann zumindest die Steuer gegen Sicherheitsleistung gestundet werden.

 

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Diese Artikel bezieht sich auf die aktuelle Rechtslage (Stand Juli 2021). Es kann nicht als Garantie für ein bestimmtes steuerliches Ergebnis angesehen werden. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch ein Beratungsgespräch ersetzen. Vielmehr ist der individuelle Einzelfall zu begutachten.