„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ (Hermann Hesse)

 

Auswandern – ein neuer Lebensabschnitt beginnt!

Eine Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland stellt ein Neuanfang dar. Wichtig ist es jedoch zu überprüfen, ob die bisher getroffenen Regelungen z.B. im Bereich des Nachlasses oder des Ehegüterrechts auch mit dem Neuanfang konform sind.

 

Was hat das Ehegüterrecht mit einem Wegzug zu tun?

Wenn die Ehegatten keine besondere Vereinbarung getroffen haben, dann kommt in Deutschland die sog. Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher ehelicher Güterstand zur Anwendung. Während der Ehezeit bleibt jeder Ehegatte Eigentümer seines Vermögens, er verwaltet sein Vermögen selbständig. Die Besonderheit ergibt sich bei Beendigung der Ehe z.B. durch Tod, Scheidung, Wechsel des Güterstandes. Der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs steht den Ehegatten gemeinsam zu.

 

Bei Zuzug in die Schweiz kommt es dem Grunde nach von Gesetzes wegen zur Änderung des Güterstandes. Rückwirkend wird aus der Zugewinngemeinschaft eine Schweizerische Errungenschaftsbeteiligung. Die gesetzlichen Güterstände sind in den beiden Ländern ähnlich, die Unterschiede machen sich vor allem im Todesfall bemerkbar.

 

Aber auch mit einem in Deutschland geschlossenen Ehevertrag besteht ggf. Handlungsbedarf. Es ist neben dem anwendbaren Recht (deutsches oder Schweizer Recht) zu prüfen, ob der Ehevertrag in der Schweiz anerkannt und die gewünschte Wirkungen entfaltet.

 

Anwendbares Erbrecht?

Zu Überraschungen kann es kommen, wenn die güterrechtlichen Regelungen nicht mit dem anwendbaren Erbrecht harmonisieren. Jedes Land hat im Erbfall Regelungen im Bereich Güter- bzw. Erbrecht, die aufeinander abgestimmt und schlüssig sind. Kommt nun wegen des internationalen Sachverhalts Güterrecht und Erbrecht von verschiedenen Ländern zur Anwendung, dann kann es zu unerwünschten Ergebnissen kommen.

 

Ebenfalls kann die bisherige Nachlassplanung aus dem Gleichgewicht geraten, wenn durch den Umzug Schweizer Erbrecht zur Anwendung kommt. Seit dem 17. August 2015 findet auf Todesfällen die EU-Erbrechtsverordnung – auch in der Schweiz – Anwendung. Ohne Regelung ist für die Anwendbarkeit des Erbrechts nicht die Staatsangehörigkeit des Erblassers maßgeblich, sondern der letzte gewöhnliche Aufenthalt.

 

Die gesetzliche Erbfolge weicht in der Schweiz stark von der deutschen Erbfolge ab. Sollte die gesetzliche Erbfolge aufgrund von letztwilligen Verfügungen, z.B. einem Testament, ausgeschlossen sein, so ist zu prüfen, ob diese in der Schweiz anerkannt werden.

 

Unterliegen Erbschaften/Schenkungen der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer auch wenn durch den Wegzug kein Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt mehr in Deutschland ist.

Welches Erbrecht anwendbar ist, hat keine Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit des Erbschaftsteuerrechts. Auch bei einem vollständigen Wegzug kann Deutschland das Weltvermögen der Erbschaft bzw. Schenkungsteuer unterwerfen. Wie ist das möglich?

 

Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz kennt zwei Anknüpfungspunkte: In der Regel steht und fällt die Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht mit der Person des Erblassers/Schenkers. Das deutsche Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer knüpft aber an die Person des Erblassers/Schenkers als auch an die Person des Erben/Beschenkten an. Hat eine der beiden Parteien den Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland so ist die Erbschaft/Schenkung hinsichtlich des Weltvermögens in Deutschland steuerpflichtig.

 

Auch ein Wegzug der ganzen Familie führt nicht direkt zum Ende der deutschen unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht. Wenn deutsche Staatsbürger wegziehen, greift die nachgelagerte unbeschränkte Steuerpflicht für Schenkungen und Erbschaften ein. Die nachgelagerte unbeschränkte Steuerpflicht ist auf fünf Jahre beschränkt. Nach dieser Frist unterfällt nur das sog. Inlandvermögen, z.B. deutsche Immobilien, deutsches Betriebsvermögen der beschränkten/erweitert beschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht.

 

Wird das deutsche Besteuerungsrecht im Hinblick auf Erbschaften/Schenkungen aufgrund eins Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz eingeschränkt?

Deutschland hat nur mit sechs Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer. Die Schweiz ist eines dieser auserwählten Länder.

 

Das Doppelbesteuerungsabkommen greift zum einen grundsätzlich nur bei Erbschaften ein.Auch das Recht zur nachgelagerten Besteuerung wird durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer nur in wenigen Ausnahmefällen eingeschränkt.

 

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Diese Artikel bezieht sich auf die aktuelle Rechtslage (Stand Juli 2021). Es kann nicht als Garantie für ein bestimmtes steuerliches Ergebnis angesehen werden. Die Hinweise können weder den Anspruch auf Vollständigkeit erheben noch ein Beratungsgespräch ersetzen. Vielmehr ist der individuelle Einzelfall zu begutachten.